Symposium Tag 1… Schweiz, Berge und Schnee
Die Eröffnungs-Keynote von Dr. Miriam Maibaum zeigte eindrucksvoll, wie vielfältig und wirkmächtig Künstliche Intelligenz das Lehren und Lernen im Rettungsdienst verändern kann.
Dabei wurde deutlich, dass KI nicht gleich KI ist: Zwischen klassischer künstlicher Intelligenz, generativer KI, Large Language Models und konkreten Anwendungen wie ChatGPT bestehen wesentliche Unterschiede. Besonders spannend war der Blick auf KI-Agentensysteme, die als autonome,
modular aufgebaute Einheiten einzelne Rollen im Lernprozess übernehmen können. Gleichzeitig wurde betont, dass KI Expertise nicht ersetzt – sondern auf sie angewiesen bleibt. Ihr größter Nutzen entsteht dann, wenn Lernfähigkeit und Lernmotivation zusammenkommen.
Ein praktisches Beispiel war die Demonstration, wie Tools wie „Claude“ Patient:innenstimmen simulieren können und damit neue didaktische Möglichkeiten eröffnen.
Im anschließenden Workshop zur effizienten Szenariengestaltung mit KI (mit Kai Kranz) wurde intensiv an der Frage gearbeitet, wie KI die Simulation und Fallgenerierung im Rettungsdienst sinnvoll unterstützen kann. Voraussetzung dafür ist eine präzise Beschreibung des fachlichen Kontextes,
der Zielgruppe und des gewünschten Ausgabeformats. KI kann sehr glaubhafte Geschichten generieren – gerade deshalb wurde der Faktencheck als unverzichtbarer Schritt hervorgehoben. Auch die juristischen Aspekte, der transparente Umgang mit KI sowie
die klare Rollenverteilung zwischen technischer Assistenz und menschlicher Entscheidungskompetenz nahmen breiten Raum ein.
Der Workshop zur Lernkultur im Rettungsdienst (mit Thomas Prescher und Haiko König) führte weiter in die Zukunft des Lehrens. Lernen gelingt dort besonders gut, wo Freude am Lernprozess entsteht und Lehrende sich zunehmend als Lernbegleiter:innen verstehen.
Unter Transformationsdruck und steigender Anspruchshaltung verändert sich das Profil von Ausbildenden: Weg vom bloßen Stoffvermittler, hin zu einer Rolle, in der Lernprozesse gestaltet, reflektiert und weiterentwickelt werden.
Eine zentrale Frage war, wie sich eine Lernkultur etablieren lässt, die sowohl dem pädagogischen Selbstverständnis als auch den strukturellen Rahmenbedingungen gerecht wird.
Mit den Entrustable Professional Activities (EPA) stellte Christian Schirlo anschließend ein Modell vor, das professionsübergreifend funktioniert und den Fokus klar auf beobachtbare Handlungen richtet. EPA ermöglichen einen dialogorientierten, kompetenzbasierten Ausbildungsprozess mit
Junior- und Senior-Level-Differenzierungen und eröffnen neue Möglichkeiten für Bewertungen jenseits klassischer Noten. Besonders hervorgehoben wurde das Konzept der teachable moments und die Chance, Lernprozesse unmittelbar und handlungsorientiert zu gestalten.
In der Keynote von Sebastian Koch rückte die berufsfeldbezogene Entwicklung des Rettungsdienstes in den Mittelpunkt. Er stellte provokant die Frage nach dem Sinn von “Noten und den so realitätsnahen Prüfungen” (… Scherz am Rande) im Kontext komplexer Handlungen und erläuterte,
warum eine konsequente Akademisierung als Qualitätsmotor für den Rettungsdienst dienen kann. Aspekte wie die Auswertung ganzer Handlungsprozesse – von Alarmierung über Versorgung bis zur Übergabe im Krankenhaus – zeigen deutlich, wie ganzheitlich berufliche Kompetenz
gedacht werden muss (oder – sollte).
Symposium Tag 2… Zahlen, Dakten, Fakten und Austausch
Am zweiten Seminartag stellte Dominik Hahnen die Frage in den Raum, wie die relevanten Schnittmengen (Handlungskompetenz, Arbeitsrealität und das berufliche Slebstverständnis) tatsächlich zueinander stehen?! Auf Basis einer vorbereitenden Befragung identifizierte
er zwölf Dimensionen beruflicher Professionalität und betonte, dass Rollenklarheit immer der Ausgangspunkt für professionelles Handeln ist – sowohl fachlich als auch pädagogisch und berufspolitisch. Ich freue mich bereit auf die finalen Ergebnisse…
Ein besonders eindrucksvoller Impuls kam von Kai Hofmann, der zeigte, wie Virtual Reality in der rettungsdienstlichen Aus- und Weiterbildung eingesetzt werden kann. VR im Einsatz bei Führugskräften schafft emotionale, immersive Erfahrungsräume, in denen Einsatzführung,
Kommunikation, Taktik sowie Stress- und Wahrnehmungstrainings realitätsnah erlebbar werden. Aktivität, Spannung und das unmittelbare Erleben komplexer Situationen werden dabei zu zentralen Lernmotoren.
Abgerundet wurde das Programm durch einen Workshop zur agilen Didaktik (mit Benjamin Karaß), der Unterricht als Lernanlass – und nicht als reine Wissensübertragung – definierte. Lehrende bewegen sich dabei je nach Situation zwischen den Rollen von Begleiter:in, Moderator:in und Impulsgeber:in.
Besonders inspirierend war die persönliche Auseinandersetzung mit den Begriffen „Unterrichten“ und „Lernanlass“, die noch einmal verdeutlichte, wie sehr sich Lernen verändert, wenn Lehrende nicht Inhalte „abfüllen“, sondern Lernprozesse aktiv ermöglichen.
Was bleibt? – Fazit und persönliche Reflexion
Das Symposium bot zwei Tage voller Austausch, Fachimpulse und echter Lernkultur.
Die Schweizer Gastfreundschaft (danke Helge Regener :-)), das wunderbare Setting in Nottwil sowie ein klassisch-schweizerisches Fondue-Abendprogramm machten das Erlebnis komplett.
Besonders wertvoll war der Austausch mit Kolleg:innen aus der DACH-Region, die
- dieselben Herausforderungen kennen,
- dieselbe Leidenschaft für Didaktik und Rettungsdienst teilen,
- dieselbe Motivation und Vision für die Zukunft tragen.
Solche Momente zeigen, dass Weiterentwicklung ein Prozess ist – und dass wir gemeinsam viel bewegen können.
Und ja: Ich bleibe dran. 💪🔥

