5. Forum Rettungswissenschaften

17.04.2025

 

Perspektiven, Austausch und Forschungsfreude – Eindrücke vom 5. Forum Rettungsdienst in Wolfsburg
Am 5. und 6. April 2025 fand in Wolfsburg das 5. Forum Rettungsdienst der Deutschen Gesellschaft für Rettungswissenschaften (DGRe) statt. Zwei Tage lang drehte sich alles um zukunftsweisende Entwicklungen, internationale Perspektiven und den interprofessionellen Dialog in der rettungsdienstlichen Forschung und Ausbildung.
Für mich persönlich war das Forum nicht nur fachlich bereichernd – es war auch eine kleine Rückkehr an einen Herzensort. Und: Ich durfte meine Masterarbeit im Rahmen einer Präsentation vorstellen.

Meine Präsentation: Internationale Perspektiven für Österreich
Unter dem Titel „Reformvorschläge für die rettungsdienstliche Aus- und Weiterbildung in Österreich – Internationale Perspektiven und Potenziale für die Gesundheitsversorgung“ teilte ich meine Ergebnisse mit einem engagierten Fachpublikum.
Die anschließenden Gespräche zeigten mir erneut, wie viel Potenzial in einem strukturierten, evidenzbasierten Bildungsansatz liegt – und wie dringend wir in Österreich neue Impulse brauchen.
’Mein Fazit: Ohne pädagogisch qualifizierte Lehrende wird es keine nachhaltige Ausbildungsqualität geben. Hier ist noch viel Luft nach oben.

🧠 Postersession: Impulse für die Bildungslandschaft
Besonders inspirierend war die Postersession am ersten Kongresstag. Einige Beiträge, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind:

  • Feedback im Rettungsdienst – der unterschätzte Erfolgsfaktor
    Statt Rückmeldechaos braucht es eine strukturierte Feedbackkultur. Die vorgestellten Konzepte zeigen, wie wertschätzende Kommunikation zu mehr Qualität, Teamstärke und Entwicklung führen kann.
     
  • Debriefing in der Praxis – Psychologische Sicherheit & Reflexionskompetenz (Nele Dorothea Sommer)
    Eine durchdachte Nachbesprechung fördert nicht nur das Lernen, sondern stärkt auch das Sicherheitsgefühl im Team. Besonders spannend: Die Rolle der Moderation und die Verbindung zur Reflexionsbereitschaft.
     
  • Wahrnehmung der Profession NotSan im interprofessionellen Kontext
    Ein starkes Poster, das aufzeigt, wie unterschiedlich NotSan von anderen Gesundheitsberufen wahrgenommen werden – zwischen „mystisch“ und „nicht ganz medizinisch“.
    Besonders eindrücklich war die Aussage, dass interprofessionelle Zusammenarbeit häufig noch kein echtes „Team“ bedeutet, sondern vielmehr Parallelstrukturen.
     
  • Generation Z im Rettungsdienst
    Klar artikulierte Erwartungen an Arbeitgeber:innen: flache Hierarchien, Work-Life-Balance und transparente Kommunikation.
    Diese Generation fordert Veränderung – und das ist gut so!
     
  • Auswirkung der individuellen Bereitschaft zur Teamarbeit des Rettungsdienstmitarbeitenden auf die Qualität in der simulierten Notfallversorgung. Eine prospektive Beobachtungsstudie (Lennert Meyer et al.)
    Teams mit hoher kollektiver Orientierung (KO) zeigen in komplexen Szenarien tendenziell bessere diagnostische Klarheit und Teamstruktur.
    Besonders auffällig: Der Unterschied zeigt sich vor allem in Leadership und Task-Management. Auch wenn die Ergebnisse statistisch nicht immer signifikant waren, sprechen sie für den positiven Einfluss von KO auf die Teamdynamik.
     
  • Fieber und Antipyrese in der Präklinik (Andrea Naik Rieder)
    Die Therapie bei Fieber variiert stark – je nach Erfahrung, Protokoll und Patient:in.
    Eine strukturierte Übersicht über Strategien, Messmethoden und pharmakologische Optionen liefert dieses Poster.
    Besonders relevant: die Dosierungsempfehlungen und die Herausforderung, valide Messwerte präklinisch zu erheben.
     
  • Tätigkeitsprofil von akademisierten NotSan – ein Vorschlag auf Grundlage eines Vergleichs (David Winkler, Marcus Blanke)
    Spannender Vergleich zwischen australischen und deutschen NotSan-Kompetenzprofilen.
    Deutlich wird: In Australien ist das Tätigkeitsfeld breiter, ärztliche Beteiligung seltener erforderlich. Der Vorschlag eines erweiterten Tätigkeitsprofils für akademisierte NotSan könnte auch hierzulande zukunftsweisend sein – etwa im Bereich Critical Care.
     
  • Kind im RTW – Achtung Venflon! (Céline Eichenbach)
    Ein Poster, das wachrüttelt. Die Etablierung eines i.v.-Zugangs bei Kindern wird zu selten geübt – und ist oft unsicher.
    Die vorgestellten Ergebnisse zeigen große Zurückhaltung des Personals. Empfohlen werden daher Alternativen wie MAD, Intraossärzugänge oder rektale Applikationen – evidenzbasiert und praxisnah aufbereitet.
     
  • First Aid Kids – ein Schulkonzept zur Vermittlung von Erste Hilfe in der Grundschule (Laura Schmiljun et al.)
    Interprofessionell entwickelt, praxisnah umgesetzt. Das Projekt zeigt, wie Grundschulkinder niedrigschwellig und wirksam Erste Hilfe lernen können – vermittelt durch Studierende der Gesundheitsberufe.
    Die Evaluation spricht für sich: hohe Akzeptanz, signifikante Kompetenzsteigerung und Spaßfaktor inklusive.


Berufspädagogisches Fazit
In vielen Diskussionen wurde deutlich: Die Professionalisierung des Rettungsdienstes steht und fällt mit der Qualität der Lehre. Während in Deutschland bereits viele Konzepte diskutiert und umgesetzt werden, fehlt in Österreich noch immer eine systematische Qualifizierung für Lehrende im Rettungsdienst.
👉 Es ist höchste Zeit, berufspädagogische Standards zu etablieren, die über einzelne „Train-the-Trainer“-Formate hinausgehen. Eine fundierte Aus- und Weiterbildung ist kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung für moderne Gesundheitsversorgung.

Danke für den Austausch!
Ein großes Dankeschön an alle Teilnehmenden, Referierenden und die DGRe für die perfekte Organisation. Und an alle, die mit Forschung, Herz und Engagement zur Weiterentwicklung unserer Profession beitragen.

Wir sehen uns spätestens beim 6. Forum – vielleicht mit noch mehr österreichischer Beteiligung?